November 2, 2023

Thomas Egger – Portugal Elements

Heute sprechen wir mit Thomas Egger, einem Koch, der Mitglied der „Green-Chefs“ ist und zugleich ein unglaublich innovativer Unternehmer.
Doch jetzt fragt ihr euch sicher, was sind die „Green-Chefs“?

Green-Chefs wurden 2013 ins Leben gerufen und sind eine Gemeinschaft besonders fairer und verantwortungsvoller Gastronomen. Hier wurde Thomas Egger zum Partner ernannt und erhält damit die Auszeichnung, ein besonders nachhaltiger Betrieb zu sein. Vor zwanzig Jahren entschied Thomas mit seiner Frau, eine gebürtige Portugiesin, von Österreich nach Portugal auszuwandern und das Restaurant Tabua D’ aco zu eröffnen. Die innovativen Ideen und die daraus entstandenen Firmen sind sehr außergewöhnlich und wir dachten uns, dies ist interessant für Neugründer und auch für Bewährte, die eine Inspiration benötigen: Denn der Weg ist häufig nicht einfach, jedoch total spannend.

Hallo Thomas, zuerst einmal vielen Dank, dass Du dir die Zeit nimmst und uns heute von der beeindruckenden Firmengeschichte erzählen.

Sehr gerne, es freut mich euch zu begrüßen und bin auf die Fragen gespannt.

Perfekt, dann steigen wir sofort in unser heutiges Thema ein. Wir haben uns dazu ein paar Fragen herausgesucht, die eine gute Übersicht für alle interessierten Neugründer bieten.

Wie ist die Idee gereift, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Den Anfang bildete ja unser Restaurant Tabua D’ aco, doch schon kurze Zeit später feierte das Unternehmen Z-Cork seine Geburtsstunde. Wir sind hier mit einem Freund im kleinen gestartet und hatten ein paar Top-Winzer, die unsere Korken gekauft haben. Doch in Österreich ist es zwingend notwendig, für einen namhaften Korkenhersteller die HACCP- Zertifizierung zu besitzen, ein internationaler Standard mit Anforderungen für eine wirksame Kontrolle der Lebensmittelsicherheit. So mussten wir wechseln und haben dann mit einem Freund auf Z-Cork umgestellt und mittlerweile sind wir die Nummer 1 auf dem Markt der Naturkorken. Und obwohl wir mittlerweile 13 Millionen Korken im Jahr verkaufen, sind wir weiterhin ein kleines und qualitativ hochwertiges Unternehmen am Markt der Global Player. Ein schönes Beispiel dafür ist, dass wir sogar drei Sommelier-Frauen eingestellt haben, die nach der Produktion, nach dem Erhitzen mit Infrarot, riechen, ob der Korken zu unseren Top-Winzern passt.

Aber dies sind ja noch nicht alle Unternehmungen von Dir?

Das stimmt, denn vor drei Jahren haben wir unser kleines Boutique-Hotel eröffnet, vielleicht mit Corona ein unglücklicher Zeitpunkt, aber mittlerweile läuft es schon wieder sehr gut. Und der Bestseller ist natürlich unser Restaurant, besonders, weil ich mittlerweile auch eine eigene Kochshow im Fernsehen habe. Dort koche ich drei Mal im Monat sehr rustikal, denn bei mir wird nichts weggeschmissen. Ich koche im Fernsehen sehr oft mit Resten und zeige, was für tolle Gerichte daraus zubereitet werden können. So geben wir zum Beispiel die Essensreste für die Schweine des Nachbarn und es wird später wieder zurückgetauscht, indem wir wieder frische Tomaten, Zitronen oder Kohl entsprechend der Jahreszeit erhalten. Und dies erfüllt ja wieder unseren nachhaltigen Gedanken, denn wir müssen nicht mehr so viel einkaufen, und weil es vom Nachbar ist, sparen wir wieder CO2.

Einfach klasse dieser Kreislauf! Doch ich unterbreche kurz, denn dies ist ja immer noch nicht alles bei deinen unternehmerischen Tätigkeiten, da gibt es ja auch noch eine Weinsparte Vinho Verde mit zwei Weinsorten.

(lächelt kurz) Ja genau, der Vinho Verde mit zwei verschiedenen Marken, das ist zum einen der „Portugal Elements“, die Hauptmarke im Supermarkt und Weingeschäft und dann noch die Exklusivmarke „Chefe Thomas Egger“, die verbunden ist mit dem „Olivenöl Chefe Thomas Egger“, die nur in den Top-Hotels und –Restaurants Österreichs vertrieben wird.

Kleine Ergänzung, und jetzt auch auf Mallorca in der wunderbaren Location „Sa Cova“ deines Bruders Sigi Egger in Cala Ratjada.

Und direkt eine Frage, da haben wir ja wieder einen neuen Unternehmenszweig mit dem Olivenöl?

Das stimmt, diese Marke ist vor ca. fünfzehn Jahren entstanden

Es ist absolut spannend, wie viele Geschäftsfelder Du bedienst, da stellt sich mir die Frage, wie viele Mitarbeiter sind heute in deinem Unternehmen?

Oh, da muss ich erst einmal überlegen. Im Hotel und Restaurant sind vierzehn Mitarbeiter und natürlich ist auch unsere ganze Familie irgendwie eingebunden. Kleines Beispiel, weil ich heute nicht da bin, sind z. B. meine beiden Jungs kräftig am Unterstützen. In der Korkenfabrik sind es auch fünfzehn Mitarbeiter und bei dem Wein arbeite ich mit einem Freund zusammen, daher sind diese Mitarbeiter nicht bei mir. Bei dem Öl sind wir zu 80 % als Familie verantwortlich und die letzten 20 % kaufen wir bei unseren regionalen Nachbarbetrieben im Dorf hinzu.

Wie wählt ihr die Produkte/Zulieferer aus?

Zulieferer, das ist mir sehr wichtig: sie sind regional. Ich gehe nicht aus unserem Ort hinaus und binde die Nachbarbetriebe ein. Das sorgt natürlich auch schon einmal für Kritik, da ich z. B. keinen Alentejo Wein auf der Karte führe, doch wir sind hier in einem der ältesten Weinanbaugebiete dem Douro-Tal. Ich habe alles auf der Karte, top Weiss-, Rose- oder Rotweine, alles aus der Nachbarschaft, da muss ich nicht in die ferne weite Welt schweifen. Dies gilt für Wein wie auch für Fleisch. Ich habe ein Top-Metzger aus der Region und da ist es ein Geben und Nehmen, wir sind füreinander da und das zu jeder Zeit, egal ob am Wochenende oder sonst ein Tag. Wir arbeiten teilweise seit zwanzig Jahren zusammen und Qualität hat ihren Preis. Und ehrlich, wer beim Produkt anfängt zu sparen, der hat verloren; denn Qualität hat ihren Preis und das wird auch vom Kunden honoriert. Ich geh sogar noch weiter, es ist absoluter Quatsch eine Tomate nach der Form zu beurteilen. Nehmen wir die Ochsentomate, je runzeliger sie sind umso besser schmecken sie. Und da bekomme ich manchmal echt einen Hals, warum muss sich mancher Sternekoch den grünen Spargel aus der Normandie nach Österreich schicken lassen, das geht gar nicht. Wenn es bei mir ein Produkt regional nicht gibt, dann nehme ich es von der Karte. Das ein Produkt eine Weltreise macht, damit es immer verfügbar ist, das finde ich einfach, wie soll ich sagen, schade. Und das ist auch ein Punkt, wo ich mir wirklich Sorgen mache, wenn die Global Player alles aufkaufen und irgendwann vielleicht gar kein Weg mehr an ihnen vorbeiführt.

Das ist ein wunderbar nachhaltiger Gedanke von Dir und es wäre wünschenswert, wenn noch viel mehr Unternehmer so denken würden.

Da interessiert mich besonders, wie wichtig waren „richtige Kontakte“?

Die richtigen Kontakte kann ich so pauschal nicht sagen, denn ich bin überzeugt, Du musst mit den Leuten leben. Dazu gehört für mich als Zugereister auch Anpassung, und erst wenn Du dies anfängst, dann öffnen sich Türen für Dich. Ich habe zum Beispiel mein Restaurant total normal ausgestattet und es gibt Leute, die kommen aus Lissabon oder Porto, weil sie rustikale und ganz portugiesische Küche essen möchten. Es gibt keinen Unterschied, ob hier bei mir Prominente am Tisch sitzen oder meine Nachbarn aus dem Ort. Und wenn du dann spürst, wie du angenommen wirst, dann macht das schon richtig Spaß. Diese Ehrlichkeit zeigt sich auch gerade in der aktuellen Situation, meine Gäste und Kunden bzw. Abnehmer verstehen mich. Ich schreibe die Großabnehmer immer einzeln an und erkläre ihnen die Situation, in der wir uns befinden, denn es sind oft die Rahmenpunkte, die ich nicht beeinflussen kann. So hatte uns auch Corona ganz hart getroffen, denn es gab keine Hilfen etc. und da zählt die Kreativität. Ich habe teilweise selber Waren geholt und habe sie direkt verkauft, da mir die Handelsstruktur der Restaurants und Hotels komplett weggebrochen ist. Weil das Restaurant geschlossen war, habe ich zum Beispiel einen Online-Kochkurs gestartet, was so manch lustige Geschichte zu Tage gebracht hat. Im Ganzen muss ich sagen, das Geschäft ist für uns nahezu gleichgeblieben und wir haben viele Privatkunden dazugewonnen, doch ich bin sehr froh, dass ich jetzt endlich wieder zum Ursprungsgeschäft dem Restaurant und Hotel zurückkehren konnte.

Hat der Ort für dich eine Rolle gespielt, versendest du aus einem eigenen Lager?

Der Versand läuft aktuell mit dem LKW, da die Zugverbindungen noch immer nicht so sind wie früher. Eine andere Möglichkeit wäre das Flugzeug, doch ich bin auch Green-Chef und das passt nicht zusammen. Sobald der Zugverkehr wieder normal läuft, werden wir hier wieder für die Lieferungen nach Österreich zum Lager Kitzbühel umschwenken.

Was waren die größten Hürden bei dem Start in die Selbständigkeit?

Ehrlich gesagt, es war für mich die Sprache und da habe ich am Anfang ein kleines Aufzeichnungsgerät gehabt, damit ich es immer nachvollziehen konnte. Und das Lustige, sie haben geglaubt, in dem Gerät sind alle meine Preise etc. gespeichert. Nach vier Jahren habe ich das Gerät dann entsorgt, denn ich konnte mich jetzt ohne diesen kleinen „Bluff“ sicher unterhalten. Das zweite war, als Österreicher sicher in der portugiesischen Küche zu kochen, denn diese ist ja sehr fundamental ohne Soßen, viel gegrillt und total ohne Schnickschnack. Da habe ich dann meine Schwiegermutter eingeladen, mit ihr gekocht und mir ihren Rat geholt. Mein Lieblingsgericht ist hier der Bacalhau, der wird gesalzen geliefert und wird dann wieder ausgewaschen. Dadurch bin ich eigentlich auch bekannt geworden und in das Fernsehen gekommen.

Und was ist dein persönliches Lieblingsessen?

(Lacht) Wenn meine Mutter für mich in Tirol kocht.

Wie hast Du es zu Beginn geschafft, bekannt zu werden?

Ich habe gelernt, umso weniger du etwas verzauberst, umso besser ist es.  Wenn Du mit allen leben willst, dann musst du den Mittelweg finden zwischen mit und ohne Krawatte. Und ein tolles Sprungbrett war, dass ich zu Anfangs gleich in die Kochshow bei José Figueiras  gekommen bin. Das ist eine große Kochshow mit acht Millionen Zuschauern und ich war zugleich immer frech, hab mich nicht zurückgenommen, und so bin ich bekannt geworden, so bekannt, dass ich keine Werbung mehr benötige und die Gäste Schlange stehen, damit wir sie in unserem Restaurant mit 180 Plätzen begrüßen können. Zugleich haben wir auch noch ca. 80 Außerhaus-Essen am Abend, zum Beispiel von den älteren Sozialempfängern im Ort, da in den normalen Essen kaum Salz enthalten ist und der Geschmack entsprechend. Hier lasse ich es mir auch nicht nehmen, beim Ausliefern zu unterstützen und bin dann abends öfters eine Stunde im Ort unterwegs.

Eine klasse Sache, die dich ja auch noch enger mit deinem Wohnort verbindet, doch springen wir zurück an den Anfang, was würdest du in der Gründungsphase rückblickend anders machen?

Ich würde früher anfangen Aufgaben abzugeben, über meinen perfektionistischen Gedanken zu springen und zu vertrauen; Vertrauen in die Fähigkeiten meiner Mitarbeiter und sie damit zugleich an der Entwicklung mehr teilhaben zu lassen. Aber sonst eigentlich gar nichts, es hat super gepasst, doch der Stress über fast 20 Jahre jeden Tag, der nagt an einem. So habe ich auch Ruhetage im Unternehmen für die Mitarbeiter eingeführt.

Und Du selbst, hältst Du dich auch an den Ruhetag?

Oh, ein wunder Punkt, das ist megaschwer und ich bin daher vor drei Jahren den Schritt gegangen und habe eine Psychologin eingestellt. Sie hat die Aufgabe übernommen und bremst mich; denn, wenn ich wieder eine neue Idee habe, dann kann mich eigentlich keiner bremsen und meine Frau schlägt oft genug die Hände über den Kopf zusammen. Hier zum Beispiel die Marke Portugal Elements, da habe ich nachts um drei Uhr meinen Rechtsanwalt angerufen und im Nachgang hat mich sogar das Gericht gefragt, wie ich es geschafft habe, das Wappen Portugals in das geschützte Logo einzubinden. Doch im Ganzen bin ich froh, dass bis auf ein paar Ausnahmen meine Ideen bisher erfolgreich waren. Eine Sache, die ich aufgegeben habe, waren zum Beispiel Kastanien, da musste ich lernen, dass die Köche keine Kastanien in Schale mögen und Kastanien vakuumiert in Plastik, das war ein No-go für mich als Green-Chefs Koch, daher musste ich diese Idee wieder aufgeben.

Welche wichtige Empfehlung oder welchen Tipp würdest Du anderen Gründern geben?

Das wichtigste ist, zu deinem Produkt zu stehen, zu der Qualität zu stehen und sich ehrlich fragen: „Bin ich überzeugt von meinem Produkt?“ Und wenn Du die Frage mit Ja beantwortest, dann darfst Du dich auch was trauen, denn eine Marke ist nur so gut wie du sie am Anfang präsentierst. Ganz wichtig, wenn Du Ideen hast, auch nachts um drei, dann schreibe es auf, notiere es, damit es nicht wieder weg ist. Ach, ein weiterer Punkt, wenn Du wirklich überzeugt bist, dann hole die potentiellen Kunden ins Boot und überzeuge sie. Kleines Beispiel, am Anfang meiner Olivenölmarke bin ich zu den Top-Hotels gegangen und habe ihnen einen 5-Liter Kanister gegeben und nicht eine kleine Probe. Auf die verwunderte Nachfrage habe ich ihnen gesagt: „Ich möchte, dass Du kochst, nicht nur probierst und dann sagst Du mir Bescheid, ob es passt“, denn was Du gibst, kommt zurück und das spüren deine Geschäftspartner.

Klasse, das ist ja genau der Punkt mit dem Geben und Nehmen und jetzt sind wir auch schon am Ende des Interviews angekommen. Wir bedanken uns, dass wir an deiner spannenden Geschichte teilhaben durften und für alle, die mehr über dich erfahren möchten, empfehlen wir die folgende Links:

Restaurant Tabua D’ aco   https://www.restaurantetabuadaco.com

Wein Vinho Verde und Olivenöl Chefe Thomas Egger https://portugalelements.com/

Korken Z-Corc http://www.zcork.pt/

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